Am Fenster
Der Anblick des leeren Ladens am Hagenmarkt hat mich sehr an unsere aktuelle gesellschaftliche Situation erinnert. Ich musste an die vielen Reiseveranstalter denken, an das freie Reisen, das Entdecken von Ländern, Landschaften und Kulturen. Ich erinnerte mich an Bahnfahrten in Sibirien und in der Mongolei. Zugfahrten war verbunden mit Übernachtungen im ratternden Zug, einer Bettdecke auf der Liege, einem Samowar mit heißem Wasser, einer Zugbegleiterin oder einem Zugbegleiter. Und man reiste mit unbekannten Mitreisenden im Abteil. Während der Fahrten habe ich viele Fotos gemacht. Weil alles so gut aussah. Schöne Farben, ungewohnte Bahnhofsarchitektur und weite Landschaft. Ich habe den Ausstellungsort zum Anlass genommen, diese Bilder zu einer schnellen Stop Motion Fahrt zusammenzustellen. Die gefilmten Abschnitte sind von Thomas Bartels und mit den Bildern ergeben die unterschiedlichen Aufnahmemethoden einen Rhythmus.
In den Fensterscheiben des Ladens spiegelt sich die Umgebung: die Autos, Fahrräder und Straßenbahnen. Projektion und Wirklichkeit verschmelzen.
Es ist eine Fahrt vom Tag in die Nacht. Nach Ulan Ude.
Die plastische Figur aus grobem Ton dreht sich mit geschlossenen Augen im Kreis, nach innen gerichtet und träumt sich in die Ferne.
Die Vögel verbinden das Schaufenster und den leerstehenden Innenraum. Wir stehen außen und schauen ihnen zu.
Die Fenster:
1. Vögel, engobierte Keramik, 1996
2. Nach Ulan Ude, Stop Motion und Film, 5 Min., 2021
(mit Filmaufnahmen von Thomas Bartels)
3. Meine Mutter träumt vom Reisen, Keramik, Modellierscheibe, Motor, 2021